Das LSA 2

LSA II

Zum zweiten Mal trinke ich mit Ingwertee gemischten Kaltwasserauszug LSA-haltiger Körner. Es ist immer gut, wenn es kein Zurück gibt, denn so hat das, was man tut, eine echte Bedeutung. Die Musik ist so gut, sie will, dass ich einfach alles in meiner Möglichkeit Stehende tue. Wenn alles so läuft wie beim ersten Mal, müsste ich in einer viertel Stunde paar Mal kotzen. Ein leichtes Flauheitsgefühl schaut mich gleich mit strengem Gesicht an wie ein Lehrer, der wissen will, wie ich mit Autoritäten umgehe. Gerade fühl ich mich wie jemand, der irgendwas überlebt hat, was Andere nicht überlebt haben. An die Flauheit ist eine Euphorie gebunden, ähnlich der Euphorie beim Fasten. Die Samen rühren wie kleine Käfer meinen Magen um, sie haben wirklich nichts böses mit mir vor. Die Übelkeit macht sehr empfindlich, sie weicht alle halbgaren Gedanken und Gefühle und Ideen ein. Sie reinigt das Zimmer von allem, was nichts mit den Rausch zu tun hat - da der Rausch es mit mir zu tun hat und ich es mit ihm zu tun hab, reinigt die mit ihm verbundene Übelkeit alles, was nichts mit mir zu tun hat. Sie sorgt für Konzentration. Ich bin ein Körper, ich bin getrennt von der Umgebung. Ich bin ein funktionierender Körper, der Zugriff auf die Welt hat. - Ich glaube, man würde depressiv werden, wenn man sich an jede Banalität seines Lebens erinnern würde. Trotz der heiteren Musik bin ich sehr ernst, sehr vertieft in mein flaues Körpergefühl. Ich glaub ich hol mir mal ein anderes Körpergefühl aus dem Klo. :-) Es ist jetzt genau um 6 Uhr und langsam klingt die Übelkeit ab und mein Gehirn wird von kräftigen Händen massiert. Die kaum noch spürbare Übelkeit sorgt dafür, dass ich jetzt niemanden hier haben will, niemanden anschauen oder gar berühren will. Kranke Tiere müssen allein sein. Trost macht alles schlimmer als es eigentlich ist. Trost verschlimmert die Gründe, deretwegen man trostbedürftig ist.
Ich geh nochmal ins Bad.

Kotze die nach Ingwer riecht und schmeckt, lässt darauf schließen, dass man "da was interessantes im Intenet gelesen hat" (google: unterschied lsa lsd) und schon geht es mir deutlich besser. Nachdem ich das erste Mal mit dem Finger den Kotzreflex aktiviert hab, ist nichts passiert und ich wollte schon wieder aus dem Bad stolzieren, aber dann hab ich gemerkt, dass ich erst den Generator angehauen hab und dann kam in kräftigen, scharfen Schüben dickflüssiges Speiwasser, ohne Körner. Sehr gut, meine Gäste sind also noch da. Ein erster deutlicher Schub. Wenn man keine Angst hat, dass in den nächsten Momenten alles für immer vorbei ist, dann erst ist man wirklich frei. Vielleicht kann man aus dieser Parole eine Partei schnitzen. "Du immer mit deiner Partei! Du immer mit deiner Stimme! Du immer mit deinem Schreiben! Du immer mit deiner Lieblingsmusik! Du immer mit deinem Gesicht! Du immer mit deinem Herz! Du immer mit deinem blöden Leben!" Ich blicke in die dummen Augen meiner Eltern, die meine Phantasie und meinen Schaffensdrang auf ihr Schrebergarten-Niveau halten wollen und alles, wirklich alles belächeln, mit dem sie nichts anfangen können, fette, von schlechter Laune und Bier abhängige Gartenzwerge, denen ich irgendwann ins Gesicht spucke: "Du musst mich ja nicht mögen! Wenn du mich nicht magst, mach einfach einen Bogen um mich! Ich glaube nicht, dass ich viel davon hab, wenn ich dir gefalle." So trocken wie mein Gesicht ist, so müde bin ich, am Stil meiner Sätze zu schrubben. Die Musik sagt, ich hab das schlimmste hinter mir und ich stell mir vor, wie ich über den abgeknabberten Fingernagel stolper, den ich auf dem Schreibtisch finde. "Wenn man sich nicht leiden kann, muss man sich erschöpfen", rülpse ich allen Künstlern entgegen, die sich in der Nähe befinden und habe wieder lust zu shcrieben ohne die strnegen regeln der wärter zu beachten. schreiben iost mehr als bestimmte wörter benuten - -, das unbestimte iwsdoch azufh etwas werzt. allerin weriulö es da ist nur noch nicht kultuivjheritz. aber jetz würde ich gern erstmal hier stehen bleiben. nicht alles gleich übertreiben, oder? Ich atme erschöpft aus, lass die Lippen flattern und ein hoher Pfeiftun entwischt, wie ein langer Fingernagel über eine Tafel gezogen wird. Ich drücke mein Knie gegen den Schreibtisch, er verbiegt sich ein bisschen und ich stell mir vor, wie sich das Blickfeld verbiegt. Ich setze mir Kopfhörer auf, oder auch nicht. Ich wäre jetzt gern auf einem gelben, federleichten Free Jazz Konzert. Eine schönes, feste, narkotische Wirkung, die vom Magen kommt. Die Flauheit ist nur ein Test, eine kleine Anstrengung, die beweisen soll, dass ich auch wirklich das will, was ich will. Prunkweidesamen sollte man nur nehmen, wenn man während der Wirkung immer eine Gelegenheit hat, sich gemütlich hinzulegen. Solche Sätze sind glaub ich das Produktivste, was ich schreiben kann. Alles andere müsst ihr selbst herausfinden. Ich leg mich jetz mal hin und höre der Musik zu.

Wäre die Übelkeit nicht, wären die Körner eine legale, gute Alternative zu Gras. Warum nicht einfach kotzen? :-) Danach wird es immer besser... Der Stein stülpt sich langsam hier drüber! Das Schreiben fällt schwer, aber es fühlt sich auch gut an, dass es sich so schwer fällt. Ohne die Übelkeit wäre der Rausch auf jedenfall nicht so tief und gründlich. Die Musik muss lauter und wärmer und dichter. Ich will mich jetzt nicht isolieren in mir. Ich hab keine warme und kalte Musik. Deshalb kann ich auch nicht so sein, schade. Wenn man sich nicht leiden kann, darf man auch seinen Musikgeschmack nicht leiden können. Ich mag mich. Ich finde das schon richtig, was der, der ich bin, so macht, denke ich mir und die Tastatur fließt synchron zur Musik in rhythmischen Stößen an mir vorbei und ich tippe, ich reite auf ihr. Der größte Fluch meines Lebens ist vielleicht, dass das Laptop-Rauschen die Musik verzerrt und mich daran erinnert, dass es ja nur Musik ist, die da kommt. Die allgemeine Distanz zu allem ist toll, denn man ist auch von dem distanziert, dass den Wert der Distanz in Frage stellt. So sehr distanziert, dass es mir vorkommt, als wäre ich nur existent, weil ich schreibe, denn immerhin ist dieser Text ja (mit allen Verzerrungen) ein Abdruck von etwas Wahrem, ich lebe im Nachhinein nur als dieser Text. Ich befinde mich gerade in meiner zukünftigen Leiche. Oh, mich gibt es jetzt während des Schreibens noch gar nicht, erst wenn ich gelesen werde, aber dann ist das, was Gelesen wird, schon wieder weit von dem entfernt, der das Gelesene geschrieben hat. Ich zittere und will im Bett verschwinden.
Ich vermute, dass das, was Captain Beefheart in den 80ern gemacht hat, im selben Haus wohnen will wie das, was Peter Gabriel in den 90ern gemacht hat. Wenn die Leute wissen würden, wie Musik auf mich wirkt, würden sie sich alle in mich verlieben. Menschen machen, um sich lebendig zu fühlen, verschiedene Dinge, nicht alle passen zusammen.
"Wer gegen diese Drogen ist, ist gegen die Kunst allgemein, und sowas muss man sich ja nicht bieten lassen, oder?", komm ich mir vor als würde mich grad jemand interviewen? Ich glaube das Gefühl zu haben, von einem freundlichen Müllauto auf eine noch freundlichere Müllkippe geworfen zu werden. Ich bin jetzt entspannt und schäme mich nicht, ein Schriftsteller zu sein, selbst wenn ich nur ein bisschen Elend bin, das das Maul zu weit aufreißt, niemand hat mir Stabilität in diesem Leben garantiert, also soll ich auch nicht so ein Gesicht machen, als wäre ich betrogen worden. Die letzte Zeit kommt mir wie ein Film vor, der sich nicht in mein übliches Leben fügt, sondern abgetrennt davon seine eigene Gültigkeit. Eben in der Küche Reis aufgekocht. Sehr gut, sehr abenteuerlich. Und es ist nichts verbrannt, nichts schimmlig, alles gut. Die richtige Temperatur, vielleicht noch etwas Honig.

Indem wir arbeiten, zeigen wir unbewusst, dass wir unzufrieden sind. Wenn man aber zufrieden ist, dann muss man sich das auch beweisen und eben nicht mehr arbeiten, einfach nur auf den Moment steigen. Verbotene Drogen zeigen, was in dem Staat, der sie verbietet, alles falsch läuft. Aber statt der Staat in seinem eigenen Interesse die Schlaglöcher ausbessert, bestraft er die Leute, die einen Bogen herum fahren. Jemand mir nicht unähnlich macht ein Gesicht von wegen: "Keine Ahnung, ob ihr damit was anfangen könnt, aber es hat der Spaß abgeworfen, indem ich grad stecke". Der letzte Literaturnobelpreis wird ironisch an jemanden verliehen, der ihn ironisch annimmt, warum also nicht an mich? Jeder tut so, als würde er an seinem Erfolg glauben, als wäre er ein Genie, das man einfach erstmal machen lassen muss. Lasst mich hier ruhig eine Weile brüten, wenn ihr etwas Geniales von mir verlangt, ihr blöden, spießigen Nazis. Ja, Faschismus wäre eine Alternative, wenn er nicht so spießig wäre. Ihr wollt, dass ich etwas abliefere... nein nein! Von dem Gedanken kann man sich auf trennen. Mein Leben hat auch einen Sinn, wenn ich nichts abliefere, wenn ich einfach alles behalte. Aber selbst dann hätte ich die Sehnsucht, in einem sagenumwobenen Knall alles herauszuschleudern, um kurz darauf von aufdringlichen Leseratten, mit denen ich nie was trinken gehen würde, für meine Authentizität gelobt zu werden. Alles, was mich definiert, bedrückt mich. Deshalb sind auch Leute, die nur über sich selbst nachdenken, irgendwann depressiv. Schade, dass mir niemand eine Pizza serviert. Jeder Rausch wird auch dadurch beeinflusst, dass du dich an Leute erinnerst, die berauscht waren. Deine Sympathie und Antipathie für sie beeinflusst den Rausch. Während des Schreibens des letzten Satzes habe ich mir vorgestellt, dass ich mit dem Leser auf diesem Satz über eine Straße gehe wie auf einem in Ölfarben gemalten, tropfenden Hund. Es riecht nach Essen, aber ich hab keine Lust einkaufen zu gehen. Ich wäre gern eine Ratte und meine Freunde sollen auch Ratten sein. Ich stelle mir grad das feiste Grinsen meines Nachbarn vor, der stolz einen komischen Gedanken, den er ausgefressen hat, herumhält und ich lache.

Der Vormittag ist total laut und voller Geröll, stelle ich fest, während ich mir den grinsenden Mund an meinem weißen Pulli-Ärmel abwische. Das dauert zwar ein bisschen lang, bis ich den Satz geschustert habe, aber er hat seine Gültigkeit. Der Künstler ist auch nur ein Mensch, der Gültigkeit erzeugen will. Jeder Buchstabe ist ein Dominostein. Der Leser lässt sie dann alle umklappen, und wenn er mit den Gefühlen, die dabei kommen, etwas anfangen kann, dann habe ich doch meinen Job getan, dann könnt ihr mich wieder ins Regal stellen. - Ein Künstler erzählt nie "vom Leben", sondern bloß "von seinem Leben ALS KÜNSTLER". Ich kann mich unmöglich in den Kunstmarkt hinauswagen - wie ein Piraten-Kapitän, der Angst vor seiner eigenen Mannschaft hat und der Bildschirm und der Schreibtisch schwankt auf diesem Segelschiff-Tagtraum. Das hier ist also einer dieser produktiven, berauschten Momente meiner Jugend, von dem was von meiner Jugend übrig geblieben ist. Ich geh gleich mal mit meinem Nachbarn einkaufen, aber erstmal auf Toilette. "Hihi! Toilette klingt so vornehm", grinse ich wie ein Behinderter, der vor einer verschlossen Klotür singend seinen Pinkeldrang wegtanzt und es war lustig, ein chaotischer Einkauf, wir waren beide mehr oder weniger angenehm überfordert von der lustigen Vormittagswelt im Edeka. André hat heute zum ersten Mal seit Jahren die Nacht durchgemacht und ist ganz begeistert von den neuen Möglichkeiten seines Bewusstseins und der Euphorie im Bauch. Es macht jedenfalls viel mehr Spaß mit Freunden durcheinander zu sein als allein. Es macht ja sowieso mehr Spaß, durcheinander zu sein als klar zu sein. Wir haben unterwegs den Typen getroffen, der letztens gedroht hat, aus dem Fenster zu springen, er sagt er hat sich selbst als Geisel genommen und erzählt viel darüber, warum der Kapitalismus die Menschheit kaputt macht und ich fühl mich ein bisschen wie auf einem studentischen Stammtisch, weil das was erzählt wird keine Auswirkung hat auf irgendwas. Ich stelle nur grad fest, dass Morrissey seine Musiker anstellt, damit sie ihn als etwas Empfindsames, Selbstbewusstes, Aggressives darstellen. Morrissey ist auch nur ein Gör, das bisschen Krach macht. "Hört nur, wie laut meine Band ist. Ich hab so viel Leben und Energie und Aggression in mir wie die Band. Die Musik entspricht mir genau!" Nein nein, so einfach kannst du es dir nicht machen! Was wärst du denn ohne deine Band? Sowas soll man mir niemals vorwerfen! Wenn ich im Dunkeln liege, hab ich helles, weiches Stroposkop-Licht-Flackern vor Augen. Ich bin kurz wach und hol mir was zu trinken, es ist dunkel draußen und ein Schatten huscht hinter einem Auto vorbei. Ist ein Dichter, der berauscht den Rausch beschreibt, überhaupt glaubwürdig, wenn er noch schreiben kann? Mit diesem Satz möchte ich gern den Rausch freisprechen von all den Worten, die ich ihm zur Last legte.