Was wollen die Leute?

Die Entscheidung, was ich schreibe und was nicht, hat irgendetwas mit meinem Gesicht und meinem Grabstein zu tun. Alles was ich schreibe, versucht dieses Irgendwas zu ergründen.

Entscheidungen werden so endgültig gefällt wie Bäume. Jeder gegangene Weg ist der Tod aller anderen Möglichkeiten. - Entscheidungen wollen nicht mit der Axt, sondern mit Zahnseide gefällt werden. Wenn ich in der Lage wäre, meine Möglichkeiten zu erweitern, wäre ich nicht mehr an mein Ich gebunden.

Jede Ameise will die größte Ameise sein. Wir lassen uns beobachten. Wir sammeln geduldig unsere Streichhölzer und Benzinkanister. Wir benutzen alles, was wir wollen, als Waffe. (Wir sind nicht so fanatisch wie das Kalifat oder die Junge Union.)

Die sinnloseste Euphorie ist die beste. Das grundlose, wirkungslose Strahlen im dunklen Zimmer; in der Ecke hocken und in den blauen Morgen schauen.

Warum kann man die Welt nicht wie ein Hotel verwalten? Warum gehen so wenig Putzfrauen in die Politik? Warum werden nicht gemütliche Grundschullehrer gemütliche Diktatoren? Wollen Sie sich nicht mal ein paar Jahre um einen Garten kümmern? Neue Freundeskreise erschließen? Die Menschheit soll Ihnen offen stehen, es soll Ihnen an nichts fehlen.

Ich bewerte einen Mensch danach, was er in einer Welt wäre, in der es nichts zu tun gäbe. Denken Sie mal an jemanden, den Sie sehr mögen. Und jetzt stellen Sie sich vor, welche Eigenschaften dieser hätte in einer Welt, in der sein Beruf, den er ausübt, einfach nicht mehr ausgeübt werden muss. Können wir jemanden auch mögen, der den ganzen Tag nichts tut? Schade, dass die verdammten Konservativen keine bessere Musik hören!

Soll ich mein Leben so gestalten, dass es Euch interessieren könnte? Oder soll ich mein Leben so gestalten, dass ich nicht auffalle? Wenn man Stacheln hat, hat man auch Lust, diese Stacheln gegen jemanden einzusetzen. Die Lust an der Bewegung, das Glühen des Rausches ist das Zentrum jeder Moral, der Ausgangspunkt jeder Revolte und das Ende jeder Schrebergärtner-Phantasie. Ich liebe es mich zu wiederholen, ich bin ein kluger Brummkreisel, Noise Jazz ist gut für die Darmtätigkeit, alles muss weiter verdichtet werden.

Nie wieder Deutschland, nie wieder Schlagermusik, nie wieder Kompromisse mit Leuten die wir nicht anfassen wollen, nie wieder arbeiten für Leute mit denen man keine Kompromisse schließen kann. Musikgeschmack ist wichtiger als Eingliederungsvereinbarungen. Blumen! Marmelade! Je öfter du auf die falschen Knöpfe kommst, desto mehr Perspektiven gewinnst du.

Selbstzerstörung ist ein Werkzeug gegen unverschuldete Entmündigung. Die Zügel wieder in die Hand nehmen, bedeutet: zu lachen, wenn alles schwankt, wenn alles suppt. Manche werden, während sie nüchtern, das heißt bar jeder Illusion, bar jeder Freude, bar jeder existentiellen Not, betrachten, wie leer und völlig unbedeutend ihr Alltag ist, das Drehen und Kreisen um die selben, langweiligen, unnötigen Probleme als Kraftverschwendung, Zeitverschwendung ansehen lernen; all die Möglichkeiten, die verloren gehen, wenn man sich seiner sicher ist! Man fügt sich in die Zukunft ein, die der Staat für einen vorgesehen hat, ohne Zappeln. Ich habe erkannt, wie ekelhaft es ist, von anderen Menschen irgendwas geboten bekommen zu wollen. Ich stehe im Trenchcoat im Wohnzimmer und schaue mit feurigen Augen nach draußen, auf den Marktplatz, der sich vor meiner Wohnung befindet und spreche in mein Funkgerät: "All die Verloren, die zu weich, zu dumm sind, um sich erniedrigt zu fühlen von der Hoffnung, akzeptiert und unterstützt zu werden. Je eher man lernt, allein zu leben, desto besser." Ich ziehe die Vorhänge zu, setze mich auf meine Matratze und esse eine Kleinigkeit, damit mein Magenknurren mir meine Nichtigkeit nicht länger verdirbt.

Ich muss in drei Stunden den Bericht abgeben. Bisher habe ich nur ein paar Notizen zusammengeklebt. Die Pharmaindustrie hat das Monopol für Wahrheit. Nüchternheit ist Passivität. Alles, was antreibt, macht süchtig. Alles, was wir unserem Denken unterziehen, zerschneiden und knicken und leimen und zerreißen und verschmieren wir. Das Ich vermittelt zwischen Wahn und Welt, wo findest du etwas ECHTES zum Anlehnen?

Das Internet bietet zum ersten Mal in der Weltgeschichte armen Leuten wie mir die Gelegenheit, nach Lust und Laune Hinrichtungen, Pornos und Eichhörnchenvideos anzuschauen. Ich verfüge über eine schier unendliche Palette an Musik, ich kann alles lesen und mit anderen teilen, ich erzeuge ein virtuelles Abbild von mir, das zu einem eigenständigen Akteur im virtuellen Bereich wird und Auswirkungen auf die sterbliche Analogversion von mir hat. Die Welt wird transparenter, die Welt rückt zusammen, die Vielfalt des Lebens auf der Erde, die Vielfalt der Kulturen und Werte wird zukünftigen Generationen keine Neuheit mehr sein; nichts wovor sie Angst haben werden! Ich könnte mir vorstellen, dass Nationalisten das Internet zensieren werden, um die Lust auf eine heterogen zusammengesetzte Stadtbevölkerung in Zaum zu halten. Die Schäden, die ein kontrolliertes Internet verursacht, sind verheerender als die Schäden, die ein freies Netz verursacht. Je offener, transparenter, zugänglicher, unbeobachteter die virtuelle Parallelwelt, desto offensichtlicher werden Missstände und desto kreativer kann man mit Ärgernissen umgehen, die hier und da immer wieder auftreten werden. Nur ein Idiot träumt von einer Welt ohne Probleme. Jede streng reglementierte, demokratisch legitimierte Überwachungsstruktur kann später von konservativen oder totalitären Kräften für ihre Zwecke missbraucht werden. Deshalb muss jeder Anflug von Überwachungsstaat so früh wie nur irgendwie möglich im Keim erstickt werden. Lasst die Menschen in Ruhe! Eure Kameras und öffentlich-rechtlichen Geheimdienste machen bloß die falschen Leute klüger und geduldiger.

Letztlich habe ich keine Ahnung, was die Leute wollen.