Sackgasse (für Allen Ginsberg)

für Allen Ginsberg

Ich sah die besten Köpfe meiner Generation vom Bewerbungsschreiben zerstört. Rosa Badezimmertapete fällt auf meine Stirn, ich liege in der Badewanne, das Wasser ist schmutzig, ich rauche eine Pfeife grünen Tee und verschmiere das Schwarz unter meinen Augenlidern mit einem Lappen.

Ein Mensch im Hintergrund, welcher nicht zur Masse gehören will, kräht: "Das bist du alles nicht, was du jetzt tust, meinst, erreichen willst, das alles bist du einfach nicht." und langsam dämmerte mir und meinen Freunden der Abend, matt, beschämt, unauffällig gekleidet, fad und nett, die sich als was Besseres vorkommen und ihre Hirne dem grauen Himmel unter der Brücke entblößen, gelangweilte, selbstsüchtige Hipster, die nichts können außer nerven und Geld verdienen und sich vorkommen als wären sie irgendwie im Widerstand gegen irgendwas Konkretes, pah! Lahmarschige Feiglinge, Leute die nur an sich selbst zweifeln können, die ihre Ängste zu ernst nehmen, statt einfach nur blöd und toll und manisch irgendwas zu machen, das wirklich wirklich Spaß macht - sie glauben, etwas leisten zu müssen, um Spaß haben zu dürfen, fühlen sich schuldig, schämen sich dafür, kleine, nichtsnutzige, faule Außenseiter zu sein und tun so, als hätten sie keinen guten Grund, laut und genießerisch und glücklich zu sein.

"Die Maschine sind wir!", tönt mir laut im Gedächtnis, ja, dieser Film den ich vorhin geschaut hab, während die Badewanne übergelaufen ist. Ich weiß, dass ich irgendwas mit dem Film zu tun habe, ich erinnere mich an einen Kommunismus-Werbespot voller body horror, jemand den ich kenne hat ihn gedreht zum Hundersten Geburtstag von Genosse Überschall. Als lahmarschige Feiglinge hab ich sie bezeichnet, und ich hab gesagt, dass es einfach keinen grundsätzlichen Widerstand geben kann. Ich habe einen Zug verpasst, sagte man mir, bin in einer Sackgasse gelandet, sagte man mir und jetzt sitze ich mit unangenehmen Rückenschmerzen und von oben bis unten beschämt unter meinem Bett.

Wenn ich nicht schreibe, bin ich nichts. Substanz meines Lebens kann nur mein Werk sein, denn der Körper allein bringt's nicht. Ich schreibe, weil ich meiner Mutter nicht einfach so zwei Mittelfinger in ihren Rachen stopfen kann wie Pömpel. Ein Hampelmann geht um: der große Denker, der die Menschen verachtet, die ihm als Fabrikware erscheinen. "Ich bin doch keine Denkzettelmaschine!", sagt er und schaut sich nach einer Oppositionspartei um. Sobald er weggegangen ist, kann ich mir vormachen, dass mir dieser Text etwas bedeutet und alle Fabriken des alten Europa haben sich verbündet. "Mir ist es vollständig unbegreiflich!" Der junge Mann tat, als bemerke er nichts davon. Alles kam plötzlich, mit großer Geschwindigkeit. "Nein", sagte er und stand auf, "das ist mir alles sehr unangenehm." und Albert schrie: "Die Maschine sind wir!" Die Sache endete damit, dass er sich daran erinnert hat, noch einige Aufträge erledigen zu müssen. Der Kommunismus wird mit großen Augen und nervösem Nasepopeln dabeistehen, ohne zuzuhören.


Ich muss eine Behörde gründen, die Depersonalausweise erstellt: "Das bist du alles nicht, was du jetzt tust, meinst, erreichen willst, das alles bist du einfach nicht." Wenn du nichts tust als wohnen und schlafen und speisen und wohnen und schlafen und speisen, willkommen in der unendlichen Sackgasse, die weiche, liebliche Fee namens SACKGASSE. Authentisch und stabil steht sie da, aber ich will verdammt sein, du bist zu mehr berufen: also raff dich auf und kauf Zahnpasta! Schnüre dir deine Schuhe fest zu, sag deiner Mama Goodbyesen und dann auf in den Dschungel des dunkelblau schimmernden Korridors, durch das nach Bier und alter Mann stinkende Treppenhaus hinaus in die vor Langeweile blinkende Stadt. Erfurz, du mieses Stück Scheiße, Mama, du mieses Stück Scheiße. Ich beruhige mich an der Tiefkühltruhe. An der Kasse ist die Hölle los, die Kassiererin hat einen harten Job und ich bin nur ein gelangweilter Voyeur. Ende der Geschichte.